Alptraum eines Grabredners
Vor einiger Zeit hatte ich einen wirklichen Alptraum. Ich leitete eine ganz besondere Bestattung, die auf Wunsch des Auftraggebers in einer Art Besprechungsraum stattfand. Die Menschen saßen wahrhaftig auf Stühlen und an weißen Tischen.
Ich hatte meine Rede vor mir und wollte beginnen, da wurde ich in einem Anfall von Panik unsicher, ob der Name, der im Manuskript stand, auch der richtige sei. Falsche Namen sind der Super-GAU jedes Grabredners. Somit fing ich an, in dem Heft zu blättern, in dem ich meine Notizen mache, wenn ich bei den Angehörigen sitze und mit ihnen rede.
Aber ich fand die Seite in der schon ziemlich ramponierten Kladde nicht. Inzwischen entstand Unruhe in dem Raum. Die Leute fingen an, sich zu unterhalten, während ich immer krampfhafter nach dem Namen des Verstorbenen suchte. Schließlich standen die ersten auf und verließen den Raum.
Mein Auftraggeber wandte sich an mich mit den Worten, daß es wohl keinen Sinn machte, jetzt noch eine Beerdigung zu machen. Als ich fragte, ob es einen anderen Ort zu einer anderen Zeit geben sollte, nannte er mir das Haus X in der Straße Y.
Als ich auf die Straße kam, fiel mir auf, daß ich nicht wusste, wo die Straße Y ist und daß ich zudem vergessen hatte, wo ich mein Auto abgestellt hatte. Ich musste wohl oder übel zu Fuß gehen. So fragte ich einige Passanten, wo wohl die Straße Y sei. Sie schüttelten den Kopf. Ich dem Moment erwachte ich.
Natürlich ist das alles surreal. Denn es ist ein Traum. Aber er benennt die Urängste des Grabredners: Falsche Namen, unbekannte Orte, verlorene Notizen. Das ist real. Die Angst, als mich mein Navi einmal zu einem falschen Friedhof geführt hat, war von panischer Natur. Jetzt nur nicht zu spät kommen. Der Schreck, als ich auf dem Rednerpult feststellte, daß der Text der nächsten Seite nicht zur vorigen passte – ich hatte falsch eingelegt …
Bislang ist immer alles gut gegangen. Aber daß ich solche Träume hatte zeigt, daß die Angst vor solchen Pannen real ist. Und aus vielen Gesprächen weiß ich, daß große Pannen bei Beerdigungen für die Angehörigen traumatisch sein können.