Der Buß- und Bettag

von | Nov 18, 2020 | Blog

An den Buß- und Bettag habe ich keine guten Erinnerungen. Mitten im November, meistens war das Wetter und die Stimmung schlecht. Wenn es nicht regnete, machten meine Eltern mit mir langweilige Ausflüge in langweiligen Gegenden, die mit langweiligem Kaffeetrinken in langweilen Landgasthäusern endeten.

Da es ein evangelischer Feiertag war, gingen wir auch nicht in die Kirche. „Feiertag mit ohne Kirche“ wurde er genannt und mein Vater sprach immer bewusst von „Buß- und Bett-Tag“. Bis zu seiner Abschaffung als arbeitsfreier Feiertag 1994 habe ich nicht einen Gedanken daran verschwendet, warum wir diesen Tag überhaupt begangen haben. Zu Allerheiligen gingen wir mit Gestecken und Lichtern auf den Friedhof, am Volkstrauertag legten sie Kränze an Kriegerdenkmälern nieder und an Totensonntag gingen die Evangelischen mit Gestecken und ohne Lichter auf den Friedhof. Was der Buß- und Bettag sollte, war mir nie klar gewesen.

Büßen und beten klingt auch nicht sehr einladend. Man assoziiert Selbstanklagen, in „Sack und Asche gehen“ und andere negative Dinge. Dabei sind Büßen und Beten eigentlich sehr wunderbare Dinge, wenn man sie aus dem sauertöpfischen Umfeld herauslöst, in das die (speziell evangelischen) Kirchen sie gestellt haben.

Zunächst das Beten. Das Gebet ist das Gespräch mit Gott. Alles, was wir heute an Selbsterkenntnis, Selbstfindung, Mediation u.a. praktizieren, hat seinen Ursprung im Gebet. Ob persönlich oder in Gemeinschaft. Auch wenn wir nicht wissen, wie und wo wir Gott begegnen können, im Gebet finden wir ihn. Fürbittgebete sind zudem der erste Schritt in Richtung tätiger Nächstenliebe: Wo ich zu schwach zu helfen bin, bitte ich Gott um Beistand. Das ist doch wunderbar – und überhaupt nicht negativ.

Das Wort „Buße“ hat natürlich einen negativen Klang. Es wird leicht mit Strafe in Verbindung gebracht oder mit Rache. „Das sollst du mir büßen“ lautet eine Redewendung und die StVO nennt ihre Strafen auch noch unsinnigerweise „Bußgeld“. Buße tun aber bedeutet, bereuen, Einsicht in eigenes Fehlverhalten zu bekommen, und der Vorsatz, zukünftig diese Fehler zu vermeiden – und wenn nötig, entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Auch seelischen Schaden. Buße ist die Basis der Versöhnung, die Basis des neuen und besseren Umgangs mit den Mitmenschen. Und das ist auch wunderbar und gar nicht negativ.

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