Christliche Begräbnisse

Christliche Begräbnisse

Christliche Begräbnisse

Ich verdiene mein Geld zwar als freier Redner, bin aber promovierter Theologe und gläubiger Christ. Wenn ich zu meinen „Kunden“ komme, wissen die, daß ich nicht von der Kirche bin, aber manchmal biete ich ihnen an, auch Elemente der christlichen Bestattungsriten in die Feier zu integrieren. Meist sind mir die Herrschaften dankbar dafür, nur selten wird am Ende kein Vaterunser gebetet.

Manchmal bekomme ich die erstaunte Frage gestellt: Ja, dürfen wir das denn? Und ich frage dann zurück: Na, wer soll uns das Beten verbieten wollen? Und in der Tat ist das alles kein Problem, ein christliches oder christlich geprägtes Begräbnis zu machen.

Ein Einwand ist stets, daß die bzw. der Verstorbene „aus der Kirche ausgetreten“ sei. Das mag in einem Land, in dem der Staat neben Rundfunkgebühren auch noch die Kirchensteuer einzieht, verwaltungstechnisch ein Problem sein. Theologisch ist es das nicht. Mitglied der Kirche Christi wird man durch die Taufe und nicht durch das Abführen von Steuern. Und die Taufe ist ein Sakrament und als solches ein in Freiheit geschlossener Bund zwischen dem Menschen und Gott. Dieser Bund verleiht ein unauslöschliches Siegel, kann also niemals aufgehoben werden. Das bedeutet, jeder Getaufte ist Mitglied der Kirche und hat Anspruch auf ein christliches Begräbnis, wenn er es wünscht.

Einen beamteten Pastor oder andere Kirchenangestellte braucht man für ein christliches Begräbnis ebenfalls nicht. Das christliche Begräbnis ist ursprünglich ein „Liebesdienst“ der Gemeinde: Die christliche Gemeinde erweist so ihrem Verstorbenen den letzten Liebesdienst und verkündigt angesichts des Todes die Herrschaft des Auferstandenen über Lebende und Tote. Das christliche Begräbnis ist zudem kein Sakrament, das nur von einem Priester oder einem Diakon gespendet werden kann. 

Im Laufe der Jahre habe ich die Erfahrung machen dürfen, daß viele Menschen – auch wenn sie nicht im engeren Sinne der Kirche angehören – sehr dankbar sind für den Trost und den Zuspruch, den sie aus der christlichen Botschaft erhalten. Dazu kommt unsere 2000 Jahre währende Erfahrung, unsere Verstorbenen zu begraben. Nach 2000 Jahren Menschheitsgeschichte weiß man, was tröstet und wiederaufrichtet: Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben. Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut“ (1 Thess 5,9-11).

Bild von carolynabooth auf Pixabay

Erinnern oder besser Vergessen?

Erinnern oder besser Vergessen?

Erinnern oder besser Vergessen?

Kennen Sie virtuelle Friedhöfe? Jetzt, wo alle Welt sich digitalisiert, entstehen auch sogenannte „Internetfriedhöfe“. Ich will den partiellen Nutzen solcher Formen der Erinnerung nicht bestreiten, aber tief innen drin habe ich massiv Bauchschmerzen mit solcher Art Erinnerungs- und Trauerkultur.

„Das Netz vergisst nichts“ heißt es nicht zu Unrecht. Einer dieser virtuellen Friedhöfe trägt sogar den Namen „Stayalive“ und wird vom Betreiber als „Portal für die digitale Unsterblichkeit“ beworben. Und hier wird es m.E. problematisch. 

Ich will keinem Betreiber seine ehrenwerten Motive für solche Ideen absprechen, nichtsdestotrotz halte ich sie aufgrund meiner Erfahrung in der Trauerarbeit für falsch und wenig hilfreich. Tröstet uns die „digitale Unsterblichkeit“ denn wirklich? Was passiert mit einem Menschen, der tagtäglich mehrmals mit seinem Verstorbenen online kommuniziert? Wie würden wir einen Menschen beurteilen, der tagtäglich mehrere Stunden auf dem Friedhof am Grab verbringt? 

So etwas kann auch zu einem steten Offenhalten einer seelischen Wunde führen und das für den Menschen schädlich. Jeder, der schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, weiß das. Echte Trauer bedeutet ja denn auch beides: Ein Rückblick auf das Vergangene und einen Ausblick auf das Kommende.  Wir müssen uns bewusst vom Vergangenen abwenden und bewusst dem Kommenden zuwenden. Das ist oft leichter gesagt als getan. Es ändert aber nichts daran, es zu tun. Aber wenn wir dann merken, daß uns im Laufe der Zeit das Loslassen gelungen ist, empfinden wir eine unglaubliche Befreiung und Erleichterung. 

Aus Sicht der Trauerbegleitung ist ein Gedenken – auch im Internet – durchaus sinnvoll und heilsam, wenn es mit zeitlichem Abstand entspannter wird. Das hat nichts mit Abkehr vom liebevollen Gedenken zu tun. Es sind natürliche und heilsame Prozesse, die dadurch auftreten. Wunden verheilen, auch wenn sie vernarben und sichtbar bleiben. Aber es dient niemals der Linderung oder Gesundung, Wunden künstlich offen zu halten oder sich mit Erinnerungen zu quälen. Denn Erinnern soll trösten und nicht weh tun.

Bild von carolynabooth auf Pixabay