Fremde Federn: Dietrich Bonhoeffer

Fremde Federn: Dietrich Bonhoeffer

Fremde Federn: Dietrich Bonhoeffer

Wenn man eine Predigt verfasst, sollte sie im Wesentlichen aus eigenen Gedanken bestehen. Ich merke bei jedem Gottesdienstbesuch, ob der Pfarrer was „eigenes“ predigt oder eine vorformulierte Predigt vom Blatt abliest. Solche „Predigthilfen“ gibt es viele. Und sie sind auch u.U. hilfreich zur Anregung.

Bei meinen Beerdigungen greife ich auch schon einmal auf Gedanken und Formulierungen anderer zurück, die ich dann allerdings zitiere. Es gibt einfach Dinge, die sind so viel besser als daß man sie selbst hätte formulieren können. Gerade zum Thema Trauer und Trost haben sich viele große Männer und Frauen schon geäußert und wenn es passt, baue ich deren Gedanken gerne in meine Predigt ein.

Einer dieser großen Männer ist Dietrich Bonhoeffer. Bonhoeffer war nicht nur ein brillanter Theologe, sondern auch ein Meister des Wortes. Wer kennt nicht sein ergreifendes Gebet „Von stillen Mächten“? Auch zum Thema Trost hat er treffende und großartige Worte gefunden. Eines davon stelle ich gerne an das Ende meiner Predigten:

„Je schöner und voller die Erinnerung,
desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel,
sondern wie ein kostbares Geschenk in sich“.

Ein „kostbares Geschenk“! Ist das nicht ein schönes Wort für ein gemeinsam verbrachtes Leben? Wenn wir von Abschied in Liebe und Dankbarkeit reden, was ist da treffender als zu sagen, daß das Leben mit dem oder der Verstorbenen ein „kostbares Geschenk“ war? Wer das so sagen kann, der kann als getröstet gelten.

Mit solchen fremden Federn schmücke ich mich gerne. Aber die Menschen müssen wissen, daß diese wunderschönen Federn nicht meine, sondern die von Dietrich Bonhoeffer sind.

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Gesundheitsreligion?

Gesundheitsreligion?

Gesundheitsreligion?

Jeder, der einmal ernsthaft krank war, wird den Wert der Gesundheit zu schätzen wissen. Und wer unter einer chronischen Krankheit leidet, erst recht. Eine gesunde Lebensweise verlängert das Leben und auch schon in der Bibel steht: „Ehe du krank wirst, sorge für die Gesundheit“ (Sir 18,19). Gesundheit ist ein hoher Wert im Leben, ja er ist entscheidend für die Lebensqualität. Entscheidender als Wohlstand. „Lieber ein gesunder Bettler als ein kranker König“ sagt ein Sprichwort.

Doch kann die Gesundheit auch – wie die Schönheit – zum Kult, zu einer Art Ersatzreligion werden. Der Theologe und Arzt Manfred Lütz schreibt dazu: „Wenn es keinen lieben Gott gibt und mit dem Tod alles aus ist, dann wird es hektisch im Leben. Mit allen Mitteln versucht man den Tod zu bekämpfen, denn der Tod ist der Todfeind der Gesundheitsreligion. Man versucht quasi das ewige Leben im Diesseits zu produzieren, was natürlich ein völlig aussichtsloses Projekt ist“.

Ausformungen dieser „Religion“ habe ich in den letzten Monaten der sogenannten „Corona-Pandemie“ selbst erleben können. Große Teile der Gesellschaft erstarrte in der Angst, krank zu werden, sich „anzustecken“. Ich habe Menschen erlebt, die zurückwichen, wenn man ihnen einen oder zwei Zentimeter näherkam. Alte und junge Menschen. Auf einer Beerdigung sah ich einen Mann, der weit hinten vermummt mit Maske und Handschuhen auf dem Friedhof im Freien stand. Ich fürchte, der Mann wird durch diese Panik sein Leben eher verkürzen als verlängern. Dann beherrscht die Angst vor Krankheit und Sterben das Leben. Ist das dann noch „Leben“ – oder eher nur „Überleben in Angst“?

Vielleicht bin ich durch meine Arbeit gelassener geworden, weil ich seit Jahren die Brüchigkeit und Endlichkeit des Irdischen erlebe. Ich habe schon zu viele scheinbar Gesunde begraben, als daß ich mir noch Illusionen machte. Darum habe ich in den letzten Wochen auf meinen Beerdigungen öfter aus Matthäus Kapitel 6 („Über die rechte Sorge“) zitiert, wo unter anderem der Satz steht: „Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Spanne verlängern?“ (Mt 6,27).

Leider musste ich feststellen, daß auch meine Kirche den Kampf gegen die Gesundheitsreligion verloren oder zumindest aufgegeben hat. In der Bibel finden wir 126mal die Worte „fürchtet euch nicht“. Bei meinen (spärlich gewordenen) Besuche in den Gottesdiensten nach dem Lockdown habe ich jedoch fast nur „Heidenangst“ statt „Gottesfurcht“ erlebt.

„Hölle“ und „Fegefeuer“

„Hölle“ und „Fegefeuer“

„Hölle“ und „Fegefeuer“

Man muss zugeben, daß die Angst vor der Hölle oder dem Fegefeuer nach dem Tod in den modernen Gesellschaften so gut wie verschwunden ist. Auch Drohungen mit der Hölle verfehlen weitgehend ihre Wirkung; zumindest bei Erwachsenen. Das ist keinesfalls zu bedauern. Zumindest sind die Bilder von Höllenfeuer und gehörnten Teufeln Produkte reinen Aberglaubens.

Dennoch lohnt es, sich mit dem Thema zu befassen. Denn theologisch existiert die „Hölle“ nämlich durchaus. Im Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) findet sich folgende Definition:
„In Todsünde sterben, ohne diese bereut zu haben und ohne die barmherzige Liebe Gottes anzunehmen, bedeutet, durch eigenen freien Entschluss für immer von ihm getrennt zu bleiben. Diesen Zustand der endgültigen Selbstausschließung aus der Gemeinschaft mit Gott und den Seligen nennt man ‚Hölle‘.“ (KKK 1033).

Hölle ist damit die Konsequenz für die, die ihre Todsünden zu Lebzeiten nicht bereuen wollen und sich dadurch bewusst von Gott entfernen. Das hat auch was Tröstliches. Denn wir alle empfinden es als skandalös, wenn Menschen für ihre Missetaten nicht bestraft, sondern im irdischen Leben sogar „belohnt“ werden. Wenn sich kein irdischer Richter findet, der sie verurteilt.

So gesehen gehört die Hölle zum Christentum wie der Himmel. Im Gleichnis vom Weltgericht (oder Jüngsten Gericht) wird das sehr deutlich auf den Punkt gebracht: Wer Gott in seinem Nächsten dient, landet im Himmel, wer sich dem Dienst verweigert, in der Hölle (Mt 25,31-46). Das bedeutet nicht, nur Gutes zu tun in der Hoffnung auf Belohnung. Letztlich werden wir nicht gerecht durch unsere Werke, sondern durch Gottes Gnade. Aber das ist ein anderes Feld.

Dostojewski hat einmal einen Satz geschrieben, der das Problem der irdischen und göttlichen Gerechtigkeit auf den Punkt bringt: „Wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt“. Genau nach dem Motto haben später die Mörderbanden des Totalitarismus gehandelt: Gott existiert nicht, wir sind selbst die Wahrheit, also ist uns alles erlaubt. Unvorstellbare Verbrechen mit Millionen Tote waren die Folge.

Nach christlicher Lehre gewährt Gott auch Gnade dem, der vor seinem irdischen Tod aufrichtig seine Untaten bereut. Und das Fegefeuer ist dann die allerletzte Chance. Es ist ein Läuterungsprozess nach dem irdischen Tod, den diejenigen durchlaufen müssen, die zwar das ewige Heil im Himmel erlangen, aber noch einer Läuterung bedürfen, um in die ewige Seligkeit eintreten zu dürfen. Die Menschen können für die „Armen Seelen“ im Fegefeuer beten. Es ist also durchaus nützlich und tröstlich.

Wut statt Trauer?

Wut statt Trauer?

Wut statt Trauer?

Der Tod eines geliebten Menschen kann sehr unterschiedliche Emotionen hervorrufen. Die „klassischen“ Emotionen sind Trauer, Verzweiflung, Schmerz, Hilflosigkeit. All das sind Emotionen, für die jeder Mensch Verständnis aufbringt. Aber Wut? Tatsächlich habe ich in meiner Berufspraxis viele Menschen erlebt, die über den Tod, den Verlust, extrem wütend waren.

Diese Menschen haben aber oft das Gefühl, daß die Wut keine angemessene Reaktion auf das Sterben ist. Oft sind sie wütend, aber sie versuchen, diese Wut zu kaschieren oder vor anderen (und sich selbst) zu rechtfertigen. Manche meinen, sie „dürften“ nicht wütend sein. Denn Die Wut gilt in den meisten Kulturen als verwerflich und ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie entspricht nicht dem erwarteten Sozialverhalten. Wer gilt schon gerne als „Wüterich“? Oder als „Choleriker“?

Dabei ist die Wut eine gesunde Form, zu trauern. Prinzipiell kann in Ausnahmesituationen und unter starkem Stress jeder Mensch wütend werden. Und was ist mehr „Ausnahmesituation“ oder „Stress“ als der Verlust eines Menschen? Wenn einem in der Trauer die Wut packt, dann ist das eine „normale“ Reaktion auf ein „unnormales“ Ereignis.

Wenn ich mit wütenden Trauernden zu tun hatte, war sie weniger auf Gott oder das Schicksal wütend, sondern auf den oder die Verstorbene selbst. „Wie konnte er / sie mir das antun?“, so lautete oftmals die wütende Frage an mich. Wer so redet, fühlt sich verraten, im Stich gelassen. Wut ist eine Form, den Verlust eines Menschen zu beklagen. Das ist normal, und manchen hilft es sogar, mit ihrer Trauer umzugehen.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass häufig unterdrückte Wut Krankheiten hervorrufen kann, vergleichbar mit ständiger Belastung durch Stress. Also raus mit der Wut. Sie kann zur Trauer dazu gehören, muss es aber nicht. In der Regel ist es auch so, daß sie relativ schnell wieder verfliegt. Es muss also nicht heißen, „Wut statt Trauer“, sondern „Wut und Trauer“. Und was andere von einem denken, soll einem ziemlich egal sein, wenn man trauert.

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Mein kleiner Aberglaube

Mein kleiner Aberglaube

Mein kleiner Aberglaube

Gilbert Keith Chesterton hat gesagt, wenn die Menschen nicht mehr an Gott glauben, dann glauben sie an alles Mögliche. Früher nannte man so etwas Aberglauben. Heute hat man dafür andere Begriffe, aber die Sache selbst hat sich nicht geändert.

Allein, was ich schon in meinem Leben beobachtet habe, an was Menschen so „glauben“: An Steine, an Sterne, an Mondphasen, an Karten, an das Schicksal, an die Wiedergeburt, an Wahrsagen. Manche glauben auch an Globuli, an den Kohleausstieg und an Taschenbücher zum Thema Buddhismus. Neuerdings glauben viele, sich mit einer Maske vor dem Tod schützen zu können.

Da ist mir mein unspektakulärer, aber solider Glaube an Gott doch näher. Und je älter ich werde, desto mehr empfinde ich Dankbarkeit dafür, daß er mir die Gnade geschenkt hat, an ihn zu glauben und mir so viel Hokuspokus und viele falsche Aufgeregtheiten erspart.

Aber einen kleinen Aberglauben habe auch ich: Wenn ich Dinge vermisse, dann bitte ich den Heiligen Antonius von Padua darum, daß ich sie wiederfinde. So vermisste ich neulich für ein paar Tage einen meiner Autoschlüssel. Gestern Morgen bat ich den Heiligen Antonius um Hilfe – gestern Mittag war der Schlüssel wieder da. Das funktioniert seit Jahren so. Und wenn ich etwas nicht wiederfinde, ist es mir gestohlen worden – dann hilft das Gebet zum Heiligen Antonius leider nicht.

Übrigens: Den Heiligen Antonius kann man auch anrufen, wenn man seinen Glauben an Gott verloren und sich im Labyrinth des Aberglaubens verlaufen hat. Das entsprechende Gebet lautet:
Glorreicher heiliger Antonius, du hast die göttliche Macht ausgeübt, verlorene Dinge wiederzufinden. Hilf mir, die Gnade Gottes wiederzuerlangen und mach mich stark im Dienst an Gott und an den Tugenden. Lass’ mich das Verlorene wiederfinden und zeige mir so deine Güte. Amen.

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