Tierfriedhöfe
Tierfriedhöfe
Fische sind Kannibalen. Sie fressen ihre toten Artgenossen einfach auf. Aber wir haben damals die toten Fische immer aus unserem Aquarium geholt und in der Toilette heruntergespült. Unsere Vögel sind irgendwann von der Stange gefallen und wir haben sie im Garten begraben, so wie jeden Piepmatz, der bei uns vor die Scheibe knallt und sich das Genick bricht. Meine Schildkröte habe ich sogar mit Grabkreuz im Garten bestattet, aber da war ich zehn Jahre alt.
Unser Hund lebt noch. Er gehört zur Familie dazu. Wir sind sein Rudel. Wenn er eines Tages sterben wird, werden wir alle Tränen weinen. Ich weiß das von den Hunden in unserer Verwandtschaft und im Freundeskreis. Die Menschen alle haben getrauert und kein Hund wurde nachher der Tierkörperverwertung überantwortet. Sie wurden alle irgendwie bestattet. Aber keiner auf einem Tierfriedhof.
Ich habe „Tod in Hollywood“ von Evelyn Waugh gelesen, wo es um einen durchgeknallten Tier-Bestatter geht und „Boulevard der Dämmerung“ von Billy Wilder gesehen, wo ein Schimpanse in einem Sarg liegt. Damals war das etwas für kauzige Typen aus dem Hollywood-Milieu. Offenbar ist es das nicht mehr.
Bei uns in der Stadt gibt es auch einen Tierfriedhof. Da sieht es aus wie bei den Feldern mit Kindergräbern auf dem normalen Friedhof. Grabsteine, Grabkreuze, Spielzeuge, Engelfiguren, Steine. Vieles wirkt irritierend, manches kitschig. Ein Bestatter wirbt groß für würdige Erdbestattungen von Haustieren.
Wie gesagt, unser Hund gehört zum Familienverband. Aber er ist ein Hund, kein Mensch. Wie man Menschen nicht wie Tiere behandeln soll, so soll man Tiere auch nicht wie Menschen behandeln. Ich bemerke diese „Vermenschlichung“ von Tieren auch bei manchen meiner Hausbesuche. Auch das irritiert mich manchmal. Aber ich weiß, daß ein Hund oder eine Katze im Leben eines alten und einsamen Menschen einen anderen Stellenwert hat wie in unserer Familie. Und wir werden uns auch eine würdige Form der Bestattung für ihn einfallen lassen. Aber auf den Tierfriedhof kommt er nicht. Da ist bei mir eine Grenze, die ich nicht überschreiten werde. Diese Art der „Vermenschlichung“ geht mir zu weit.
Dennoch ein Satz zum Schluss. Auch wenn Tierfriedhöfe nichts für mich sind: Wenn es einen Markt für so etwas gibt und Menschen sich damit besser fühlen, ist das in Ordnung. Denn jeder Mensch hat andere Bedürfnisse. Wer das Bedürfnis hat, sein Haustier auf einem Tierfriedhof zu bestatten und das Grab zu pflegen, der sollte das tun.
Bild von M. Müller