Sterbehilfe
Gestern erzählte mir meine Schwägerin ganz verstört von einer alten Bekannten von ihr, die ihrem langen und schmerzhaften Leiden nächste Woche mithilfe von Sterbehilfe ein Ende bereiten wird. Sie habe sich das lange überlegt und sei nun zu dem Schluss gekommen, daß sie es nun tun möchte. Ihre Kinder seien einverstanden und tragen den Entschluss mit.
Sterbehilfe ist seit Jahrzehnten ein juristisch wie ethisch umstrittenes Thema. Als praktizierender Katholik müsste ich eigentlich strikt dagegen sein und es gibt auch gute ethische Gründe, Sterbehilfe – speziell in ihrer aktiven Form – abzulehnen. Der Katechismus der Katholischen Kirche verbietet aktive, erlaubt aber passive Sterbehilfe (KKK 2277).
Aber bin ich berechtigt, über andere Menschen zu urteilen? Über Menschen, deren körperliche und seelische Qualen ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen kann? „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, ruft Jesus uns zu (Jo 8,7).
In den 80er Jahren nahm sich der marktschreierische Julius Hackethal des Themas an. Das fand ich seinerzeit abstoßend. Viele Jahre später jedoch las ich die Autobiografie von Herbert Fux, der 2007 mit Hilfe einer Schweizer Sterbehilfeorganisation wegen seiner unheilbaren Krankheit freiwillig aus dem Leben schied. Er schildert den Weg zu dieser Entscheidung sehr eindringlich und sehr bewegend. Seine Frau meinte später: „Herbert wollte aufrecht aus dem Leben scheiden. Und genau das hat er gemacht“.
Sterbehilfe wird auch Euthanasie genannt – wörtlich übersetzt: Guter, schöner Tod. In der Tradition des Benediktinerordens kenn wir Christen das Gebet um eine gute Sterbestunde: „Gott, du hast unseren Heiligen Vater Benedikt in seinem Tod wunderbar verherrlicht. Gewähre uns, die wir seiner gedenken, dass er uns im Sterben beistehe und vor den Nachstellungen des Feindes schütze. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn“.
Eine „gute Sterbestunde“ zu erbitten, ist also ein durch und durch christliches Anliegen. Wenn Gott uns diese Bitte dann leider verwehrt, dann müssen wir mit unserem persönlichen Gewissen entscheiden, ob wir uns beim Sterben die Hilfe anderer Menschen holen. Letztlich kann das nur jeder für sich persönlich entscheiden und mit Gott ausmachen. Wir sollten dies nicht kommentieren. Denn Jesus sagt uns: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (Mt 7,1).